„Im Bereich der Kreishandwerkerschaft Steinfurt Warendorf sind rund 63 % der Inhaber von Handwerksunternehmen 55 Jahre und älter“, berichtet Hauptgeschäftsführer Frank Tischner. „Wenn man die Erfahrungswerte beachtet, dass eine Nachfolgeregelung bis zu 10 Jahre dauern kann, wird es für viele Betriebsinhaber Zeit, sich konkrete Gedanken darüber zu machen, wie, wann und mit wem man die Übergabe regeln will – vor allem weil in den zumeist familiengeführten Unternehmen eine Weitergabe an die eigenen Kinder nicht mehr selbstverständlich ist.“ Nicht nur er zeigt sich alarmiert, dass bereits über 20 % der Betriebsinhaber heute über 65 Jahre alt sind, denn oftmals sind die Gründe dafür, dass noch kein Nachfolger bzw. Nachfolgerin gefunden wurde – weder in der Familie, noch in der Belegschaft. „Nicht nur, dass der Betrieb in der Regel die Alterssicherung der Selbständigen ist, auch Arbeits- und Ausbildungsplätze und Knowhow sind in Gefahr, erklärt Kreishandwerksmeister Heinz-Bernd Lohmann.
Was viele nicht bedenken: Es sind ja nicht alleine die Handwerksunternehmer und deren Mitarbeitende betroffen, wenn ein Betrieb mangels Nachfolger schließen muss, auch die ortsnahe Versorgung der Menschen mit handwerklichen Produkten und Dienstleistungen ist gefährdet, wie auch gerade in der Berufsausbildung notwendige ehrenamtliche Engagement vieler Unternehmerpersönlichkeiten. Das wurde Frank Tischner in einem Gespräch mit einem Bürgermeister bewusst, der um Unterstützung bat, den Fortbestand einer traditionsreichen Bäckerei in der Innenstadt zu sichern, deren Inhaber bislang vergeblich versucht hat, die Nachfolge zu regeln. Es war die Initialzündung für die Kreishandwerkerschaft Steinfurt Warendorf, mit einer Online-Betriebsbörse abgebende Unternehmen und gründungsinteressierte Handwerksmeisterinnen und -meister zusammenzubringen – „quasi eine Partnervermittlung. Nur nicht zwecks späterer Heirat, sondern mit dem Ziel einer erfolgreichen Betriebsübergabe und Existenzgründung“, macht der KH-Hauptgeschäftsführer deutlich. Nicht nur die Betriebsinhaber sollen davon profitieren: „Auch für Gründungswillige ist die Betriebsbörse eine gute Chance, am Markt etablierte und ausgestattete Betriebe zu übernehmen - zusammen mit qualifiziertem Fachpersonal“, ergänzt Heinz-Bernd Lohmann. Betriebsbörsen seien grundsätzlich nicht neu, so der Kreishandwerksmeister. Die Kreishandwerkerschaft wolle aber mit dem Angebot neue Wege gehen und nicht mit anonymen Chiffreanzeigen arbeiten, sondern auch Erstinformationen zu den Betrieben über persönliche Ansprechpartner bei der KH vermitteln.
HANDWERK-NACHFOLGE.NET heißt das Angebot an die Mitgliedsunternehmen, sich für potenzielle Nachfolger zu präsentieren. In welchem Rahmen dies geschieht, können die Unternehmen mitbestimmen. Der Startschuss ist jetzt erfolgt, die heimischen Handwerksunternehmen sind informiert. Dass sich die Betriebsbörse jetzt sofort mit einer großen Anzahl an interessierten Betrieben füllt, hält Tischner trotz des sicherlich vorhandenen Bedarfs für nicht sehr wahrscheinlich. „Unsere Devise lautet ‚Klasse statt Masse‘. Die Entscheidung, das eigene Unternehmen abzugeben, muss ja erst einmal getroffen werden, bevor man es auf einer Online-Plattform veröffentlicht, denn es stecken auch viele Emotionen mit drin, wenn man sich von seinem Lebenswerk trennen will. Wir haben mit HANDWERK-NACHFOLGE.NET erst einmal einen weiteren Stein ins Wasser geworfen, sich aktiv mit der Thematik Betriebsnachfolge zu beschäftigen und sie erfolgreich zu gestalten. In Kooperation mit dem Unternehmens- und Wirtschaftsverband Westfalen e. V. bieten wir als Kreishandwerkerschaft bereits eine Reihe von Veranstaltungen und Beratung rund um das Thema Nachfolge an und natürlich bleiben wir auch bei der Politik am Ball, damit Selbständigkeit und Unternehmertum auch für die Nachfolgergeneration attraktiver wird.“